Montag, 16. November 2009

Warum ich Google mag und fürchte

Hier sind die Schlagzeilen der IT-Nachrichten der letzten Woche:

- Google übernimmt AdMob - ein Werbedienst für mobile Bannerwerbung
- Google veröffentlicht eine neue Sprache Go
- Google veröffentlicht ein neues Protokoll als Ergänzung zum HTTP: SPDY
- Google übernimmt Gizmo5 - ein VoIP Provider in USA
- Google legt ein Kompromissvorschlag zum Einscannen von Büchern dem US-Gericht vor, um sich mit Verlagen zu einigen
- Google veröffentlicht den Quellcode von Android 2.0
- Google führt als einer der ersten Anbieter auf Youtube Full-HD Videos vor, ausserdem fangen sie an mit vorgeschalteten Werbung zu experimentieren an

Diese Nachrichten habe ich nur aus dem Gedächtnis zusammengesammelt, es gibt bestimmt noch mehr. Jede dieser Nachrichten hat das Potential zu einem Next Big Thing zu werden, besonders wenn man überlegt, zu was für einem Riesen Google geworden ist, so dass die neu vorgeschlagenen Standarte auch durchgedrückt werden können. Die Geschwindigkeit mit der Google Innovationen auf die IT-Welt entlässt, ist atemberaubend, keine andere Firma, sei es Microsoft, Apple, IBM, HP können sich auch nur annähernd damit messen. Und während die nicht IT-Profis Angst vor Google bekommen, weil Google so viel über sie weiss, sind die ITler absolut fasziniert über die Lösungen, die aus den Google-Labors ihnen größtenteils kostenlos und meistens von hoher Qualität angeboten werden. Mit absoluten Unglauben schauen sie sich Videos von Google Navigation an, die alle anderen Navigationslösungen wie aus der Steinzeit aussehen lässt. Google kopiert nicht, Google erfindet und öffnet neue Möglichkeiten. Selbst die eingekauften Firmen sind wegen dem fehlenden Puzzle-Stein in dem Technologie-Baukasten gekauft worden, die Technologie wird verbessert und zu einer neuen, meistens unerwarteten Lösung geschnürt.

Was macht denn Google anders, als andere Firmen? An den Erklärungsversuchen mangelt es nicht, doch immer mehr Stimmen meinen, dass Google Ingenieur-gesteuert ist und im seltenen Fall von Google die Wünsche des Marketings, der Finance-Abteilung und der Techniker zusammenfallen. Das erklärte Ziel von Google ist es das Internet möglichst benutzerfreundlich zu machen, damit immer mehr Leute Internet benutzen und dementsprechend bei Google suchen und die bezahlten Links anklicken. Deswegen sind sämtliche technische Lösungen, auch wenn sie nicht primär auf die Steigerung des unmittelbaren Profits abzielen bei Google hochwillkommen und werden den Entwicklern kostenlos zur Verfügung gestellt, die sie dankbar annehmen. Deswegen ist auch jede aufsehns-erregende und markterfindende Endbenutzer-Lösung willkommen, die mehr Internet-Verkehr generiert, weil die Leute sie ausprobieren wollen. Basierend auf dem Grundgedanken, dass mehr Internetverkehr mehr Profit bei Google verursacht, werden bei Google auch Entwicklungen finanziert, die keine unmittelbare Monetärisierung für Google bedeutet.

Doch sind es auch andere Faktoren, die Google zum beliebtesten Arbeitgebern unter den IT-Absolventen machen. Zum ersten sind es die Geek-freundlichen Einstellungstests, die nicht darauf abzielen, ob man den Mitbewerber im Assesment-Zenter niederbrüllen kann, sondern auf die Intelligenz und technisches Verständnis der Bewerber abzielen. Slideshows von Arbeitsräumen bei Google werden im Internet rumgeschickt und das Kantinenessen ist legendär. Ein Traum für jeden Techie ist die 20% Regelung, die bedeutet, dass ungefähr einen Tag in der Woche die Entwickler ihren Seitenprojekten sich widmen können. Angeblich sind solche aufsehenerregende Entwicklungen wie Google Earth aus solchen Seitenprojekten hervorgegangen. Summer of Code ist unter Entwicklern ein allgemein-verständlicher Begriff, für Google ist das eine höchst effektive Requitierungsmassnahme, aber auch für exotische OpenSource Projekte ist das eine willkommene Geld und Ressourcenspritze. All das bedeutet, dass die besten verfügbaren Köpfe dieses Planeten in Google einen Arbeitgeber sehen, was Google nur recht sein kann.

Dieser Geek-Zentrismus sorgt natürlich für Unmut bei anderen Berufsgruppen. Mit kalten technischen Präzision dringt Google in Märkte ein, wo gesunde Konkurrenz herrschte und macht aufgrund meistens besseren technischen Lösung und schierer Marktgröße die Konkurrenz platt. Aus der Sicht des Technikers ist das der Beweis der Überlegenheit der Google-Lösung und der Niedergang der Konkurrenz nur logisch und wenn nicht begrüssenswert, doch unaufhaltsam. Doch geraten die sorgsam austarierte Gleichgewichte und Geschäftsmodelle durcheinander, denn die Google-Lösung beachtet dies nicht. Der beste Beispiel ist GoogleNews-Dienst, der die News der verschiedenen Zeitungen aggregiert. Dadurch verlieren die Zeitungen ihre Geschäftsgrundlage, die auf Bannerwerbung basiert und dadurch schadet sich Google im Endeffekt selbst, denn keine hochwertig (da teuer) aufbereitete News bedeutet viel Mist im Newsaggregator, doch diese Implikation scheint es Google nicht bewusst zu sein. Dasselbe Problem ist bei der Digitalisierung von Büchern, denn falls die Urheber ihre Geschäftsgrundlage verlieren und die Bücher frei zugänglich sein werden, wird es im Endeffekt weniger gute Bücher geben. Und nein, freiwillig arbeitende Blogger können einen guten Redakteur oder Schriftsteller nicht ersetzen. Im Endeffekt wird Google hochwertiges Content selbst generieren müssen, um das Ziel, also das Locken der Kunden ins Internet weiterhin zu verfolgen.

Und was ist mit dem Argument von Datenkrake Google? Noch kann man sich mit etwas Vorsicht recht gut mit mehreren Profilen im Internet bewegen, und zumindest für Google nicht zu einem Gesamtprofil zusammenführbar zu sein. Wenn man meinen Realnamen in Google eingibt, ist es nicht möglich meine sämtliche Profile bei sämtlichen Netzwerken zu finden und daraus ein Gesamtprofil zu erstellen. Wenn man kloty in Google eingibt, kann man mit etwas Glück meinen Realnamen finden (da habe ich paarmal nicht aufgepasst). Google bastelt allerdings an einer Lösung, die als Webservices für soziale Netzwerke beschrieben werden kann, das bedeutet, dass Benutzerprofile verschiedener sozialen Netzwerke einer Person zugeordnet werden können, was in vielen Fällen nicht erwünscht ist. Allerdings stellt sich langsam die Frage, was schlimmer ist, von Google gefunden zu werden, oder von Google nicht gefunden zu werden. Das klassische Beispiel von Personalabteilung, die während des Vorstellungsgesprächs den Bewerber mit unbequemen Fakten konfrontiert, die man bei einer Google-Suche erfahren hat ist leider nach wie vor aktuell. Doch wer meint, dass völlige Anonymität und das Nichtauftauchen bei Google gut seien, liegen bereits jetzt schon falsch, denn, wenn man im Lebenslauf gewisse Stationen erwähnt hat, sie aber in Google nicht auftauchen, wirft das die Frage nach dem Wahrheitsgehalt der Bewerbung auf. Doch auch derjenige, der meint die Informationen, die über einen im Internet erscheinen, kontrollieren zu können, liegt genauso falsch. Informationen und auch die Wirkung, die diese Informationen auf den Empfänger ausüben sind nicht kontrollierbar und nicht beherrschbar. Dieselbe Information kann auf verschiedene Art und Weise interpretiert und zu Gunsten und Ungunsten des Bewerbers ausgelegt werden. Und da ist Google nur der Bote.

Für die Zukunft lässt sich kaum vorhersagen, welche Ideen den Google-Ingenieuren noch einfallen werden. Die IT-Welt wartet gespannt auf ChromeOS, ein Betriebssystem für Netbooks von Google, sehr interessant ist weitere Entwicklung von Android, für mich völlig unerwartet war der Hype um Android bei den Embedded-Systems Firmen, die das OS auch für komplett andere Systeme, als für Handies benutzen wollen und selbstständig auf andere Prozessorarchitekturen portieren. Ebenso spannend ist die Akzeptanz von Google Navigation, die kostenlose Navigationslösung, die immer mit Internet verfügbar ist. Allein diese Entwicklung war zwar für mittelbare Zukunft absehbar, doch zu solchen Radikalität, die wahrscheinlich auch funktionieren wird ist momentan nur Google imstande. Die Geschwindigkeit, mit der Google die Welt umkrempelt erinnert an transhumanistische Singularität. Was ich Google wünschen kann, dass die Firma sich bei der Anzahl der parallel laufenden Projekte nicht verzettelt und nicht den roten Faden verliert. Und don't become evil.

Freitag, 6. November 2009

MDC09

Dieser Artikel fällt etwas aus dem Rahmen als was ich hier wie üblich veröffentlichte, denn zum ersten Mal schreibe ich was für Cash, es gibt ein Atom-Netbook zu gewinnen, also strenge ich mich etwas an.

Langsam ist es auch für die Leser dieses Blogs kein Geheimnis mehr, dass ich mich für das Programmieren von mobilen Geräten interessiere. Ich schreibe gerade an einer Software, die verschiedene spar-Angebote im Umfeld des Handy-Benutzers lokalisiert und auf der Karte anzeigt (Code-Name der App ist spar-radar). Doch gehörte ich bislang keiner Community an, hatte mein Wissen aus Büchern, Webseiten und Heise-Zeitschriften-Artikeln geschöpft, ohne je einen lebenden Handy-Programmierer (der womöglich sogar Geld damit verdient) aus der Nähe gesehen zu haben. Ich bin auch ein bekennender Nicht-Twitterer (so, das wars jetzt mit dem Preis). Von MDC hatte ich keinen blassen Schimmer, Fachkonferenzen assozierte ich als extrem teuere und nur für exklusive Teilnehmer zugängliche Veranstaltungen. Doch wie erfuhr ich überhaupt von MDC und kam dann überhaupt rein?

Am schönen Samstag-Morgen auf dem Rückweg vom Feldkirchener Bahnhof fiel mein Blick auf unmotiviert rumhängende Wegweiser auf DIN-A4 Papier mit der interessanten Überschift mobiledevcamp09. Ohne eine Ahnung zu haben, was das überhaupt ist, folgte ich den Schildern, bis ich vor dem Intel-Gebäude stand, das mich schon seit Jahren magisch anzog. Tief luftholend trat ich ein und scheiterte beinahe an der Empfangsdame, doch dann kam ein Intel-Mitarbeiter, dessen Namen ich leider nicht weiss, dem ich aber sehr verbunden bin und machte mich mit Kerstin bekannt, die mir die Spielregeln kurz erklärte. Sie waren auch sehr einfach, hier der Pinboard mit Veranstaltungen, wenn man einen Vortrag halten möchte, ist man herzlich willkommen dies zu tun, ansonsten einfach hingehen, zuhören und wenn möglich aktiv beteiligen, simple as that.

Zuerst war ich in einer VentureCapital-Session. Hier wurde zum ersten Mal wirklich Tacheles zum Thema Finanzierung (bei diesem Thema überhaupt keine Selbstverständlichkeit) geredet. Geführt durch die Session hat Klaus Wiedemann. Klaus war schon auf beiden Seiten, sowohl als Unternehmer, als auch als VC-Geber und kannte sich entsprechend gut aus. Seine Aussagen:

- HighTech Gründer Fonds macht 70% aller Gründerfinanzierungen
- Machte auf www.foerderdatenbank.de aufmerksam, ausserdem gibt es www.bvdfb.de ein Bundesverband der Foerderberater
- es ist zur Zeit wahnsinnig schwierig Finanzierung über die Banken zu bekommen
- Keiner Finanzierungszusage glauben bis Unterschrift da ist und Geld aufs Konto überwiesen wurde
- Für einen VC wird das Unternehmen erst in folgenden Fällen interessant:
       - Beteiligung ab 1 Mio
       - das Verfahren patentierbar / vermarktbar, denn im Falle der Pleite des Unternehmens kann man immer noch die Technologie verkaufen
       - 1 Mlrd Euro weltweiter Markt
       - ein Umsatz von 50 Mio im Jahr 5 !!!!! Unter 10 Mio braucht man erst gar nicht anzukommen !!!!
- Das Model mit VCs sieht normalerweise so aus: eine GmbH mit VCs als KG angehängt
- Bei VCs aufpassen wegen Verteilung von Unternehmensanteilen, es gibt Fälle da haben die Gründer nur noch 15% des Unternehmens.
- Empfohlen wird die regionale Förderungen zu nutzen, im Extremfall sogar den Gründungsort danach auswählen, wo es die besten Fördermöglichkeiten gibt, momentan ist Berlin ein ganz heisser Tip
- Ganz paranoid bei Cashflow sein! Geld holen wo es nur geht, d.h. wenn man Seitenprojekte tun muss, die Geld bringen, tut man die Seitenprojekte. Im Businessplan nennt man sowas opportunistische Finanzierung, sobald die Möglichkeit sich auftut zu finanzieren, diese Möglichkeit auch nutzen, auch wenn es mit dem Ziel der Firma nichts zu tun hat. Kontostand immer auswendig kennen!
- Immer Exit-Strategien bereithalten, Plan A, PlanB und PlanC vorbereitet haben

Insgesamt eine sehr interessante Session, vielen Dank, Klaus.

Danach habe ich Wolfram Herzog von SIC-Software kennengelernt. Er programmiert schon seit 1988!! (überlegt euch das mal) an mobilen Geräten, hat also schon alles gesehen, was es in diesem Bereich gibt. Er hat eine sehr interessante Session über Programmierbarkeit verschiedenen Plattformen gemacht und präsentierte viele wichtige Kennziffern, die jeder Programmierer wissen sollte, wenn er sich für eine Plattform entscheidet (Whitepaper gibt es auf Anfrage). Aber eine sehr aussagekräftige Zahl möchte ich jetzt schon nennen: 99% der Android-User, 98% der iPhone-User, 72% der Blackberry-User haben eine Datenflatrate, dagegen sind es 7% der JavaMe-User. Nachdem 1MB an Datenübertragung in Deutschland bis zu 18EUR kostet, ist es eigentlich klar für welche Plattformen man datenintensive Dienste entwickelt.

Anschliessend war ich in der Session eines Navibetriebssystems-Herstellers elektrobit. Sie machen z.B. Navisoftware für Medion-Navis, die momentan auf Platz 1 der Verkaufscharts in Deutschland sind. Der Vortragende hat eine Diskussion angestossen, was ein Navi der Zukunft können sollte und es wurde ihm sofort die neueste Navi-Software von Google unter die Nase gehalten, die mit dem neuen Android 2.0 kostenlos verfügbar ist.



Noch ist dieser Dienst nur in USA verfügbar, doch es ist eine Zeitfrage bis es nach Deutschland kommt und auch für iPhone verfügbar sein wird. Von so was habe ich nicht mal geträumt.

Danach war ich in der Session über JavaScript und HTML5. HTML5 ist neuer Standard und da ist wirklich im Standard festgeschrieben, dass der Browser location-based services anbieten muss, das heisst mit HTML5 braucht man keine native Application mehr! HTML5 wird schon von Safari-Browser in iPhone und Android Browser verstanden, d.h eigentlich braucht man für diese Plattformen keinen eigenen Client zu entwickeln. Es wurde allerdings eine interessante Studie zitiert als die Zeitschrift Stern mobiles Content zur Verfügung gestellt hat. Als sie nur mobile Webpage hatten, hatten sie 22000 pageviews / Monat, als sie eine Application veröffentlicht haben, hatten sie 250000 Zugriffe / Monat. Erklärt wurde es damit, dass es immer noch grosser Unterschied in Zugriffszeit gibt , zwischen Browseraufruf und laden und rendern der Webseite und starten einer Application. Auf jeden Fall HTML5 lohnt sich genauer anzuschauen. Hoffentlich können Opera Mini und Mobile auch bald HTML5, dann kann ich mir die JavaME-Entwicklung sparen.

Also für mich persönlich war das ein sehr interessanter Tag, habe viele neue Bekanntschafte gemacht und per XING besiegelt, über viele neue Entwicklungen gehört, viel Gehirnfutter für neue Ideen bekommen. An dieser Stelle vielen Dank an die Sponsoren, an Intel-Leute, die ja eigentlich die Veranstaltung gemacht haben, um ihre neue mobile Plattform Moblin unter den Entwicklern bekannt zu machen, was IMHO der richtige Weg ist. Kein Entwickler läßt sich vom Marketing widerspruchslos irgendwas erzählen, aber mit einem Developer-zu-Developer Gespräch, kann man das Interesse viel besser und schneller wecken. Also liebe Marketing-Leute, nimmt euch Beispiel an Intel und Acer, ladet Developer ein und dann erzählen sie ihrem Chef, was für tolle Sachen sie bei Intel gesehen haben. Das Freibier bei Fliegerbräu war noch das i-Tüpfelchen, dann war man wunschlos glücklich.