Mittwoch, 20. Januar 2010

RE: Als das Geld vom Himmel fiel

Ein Leserbrief an Die Zeit, Artikel "Als das Geld vom Himmel fiel" Dossier vom 14.01.10

Sehr geehrte Redaktion der "Zeit",

vielen Dank für diesen Artikel, der sehr plausibel erklärt, was für ein Fehler es war Geld vom EZB den Banken direkt zu geben, ohne weitere Auflagen, was mit dem Geld geschehen soll. Es zeigt sich wieder der Konstruktionsfehler bei der Gestaltung der europäischen Wirtschaftspolitik, dass die Wirtschaft viel weiter ist, als die Politik, so dass keine Vorgaben gemacht werden können (ein anderes Beispiel in diesem Kontext ist die Ohnmacht der EU-Politik Griechenland gegenüber, wie in ihrem anderen Artikel in dieser Ausgabe gut veranschaulicht wurde).

Sie schreiben auch, dass eines der Hauptprobleme der Weltwirtschaft das Vermögen der Superreichen ist, das aus dem Wirtschaftskreislauf herausgelöst wurde und nicht zum Konsumieren verwendet wird, sondern nur in Finanzprodukte investiert wird, ohne Mehrwert zu erzeugen. Das ist sicherlich eine der Quellen für derartiges Kapital, doch gibt es noch eine weitere Quelle, die in der letzten Zeit erstaunlich selten erwähnt wird. Ich rede über Pensionsfonds und private Rentenversicherungen. Im Gegensatz zu den gesetzlichen Rentenversicherungen wird das Geld nicht sofort ausgegeben, sondern für die Laufzeit der Versicherung angelegt und erst mit dem Eintritt des Versicherten ins Rentenalter ausbezahlt. Der Unterschied zu Sparbuch oder anderen Kapitalanlagen ist der, dass das angelegte Geld dauerhaft gebunden ist, d.h. man kann es nicht zum Konsumieren verwenden, da man kein Zugriff (oder mit erheblichen finanziellen Einbusen, wegen Gebühren, die in den ersten Jahren fällig werden) darauf hat und was noch schlimmer ist, die Sparraten in der Regel in Krisenzeiten nicht verändert werden können. Erstens kann das Geld, das man monatlich einzahlt, nicht stattdessen verkonsumiert werden und zweitens sind die Investmentverwalter gezwungen dieses Geld in Fonds zu investieren, auch wenn die Kurse fallen. Das bedeutet, dass die monatlichen Beiträge in Zeiten der fallenden Kurse sinnlos verheizt werden.

Durch dieses System wird gewaltiger Geldfluss monatlich in das Finanzsystem gepumpt, das Geld, das irgendwo angelegt werden will. In den Jahren vor der Krise gab es mehrere Artikel, unter anderem auch in der "Zeit", wo die Herrscher der Pensionsfonds als heimliche Macht dargestellt wurde, die jede größere Transaktion auf dem Markt abnicken müssen. In der Zwischenzeit müsste ihre Macht noch angewachsen sein, denn trotz gewaltiger Verluste der Fonds müssen sie investieren, das bedeutet, dass die Anteile an den Firmen billig zusammengekauft werden müssen, womit sich das Mitspracherecht erhöht.

Was wäre denn der Ausweg aus diesem Dilemma? Hier ist wieder eine länderübergreifende Regulierung der privaten Rentenversicherungen gefragt. In Zeiten der Krise muss der Geldfluss von den Versicherten zu den Versicherungen unterbrochen werden, das Geld wird für Konsum viel mehr gebraucht als für Investitionen in fallende Kurse.