Sonntag, 23. August 2009

Mail an Spiegel-Onine

Heute morgen öffne ich Spiegel-Online Seite und freue mich ein Bericht über Christiania von Hendryk M. Bröder zu lesen, wo ich dieses Jahr gewesen bin. Nach dem Durchlesen des Artikels, konnte ich nicht anders, als einen erbosten Brief an den Autor zu schicken, der offenbar überhaupt nicht verstanden hat, um was es bei Christiania geht. Diesen Brief stelle ich auch hier online:

Sehr geehrter Herr Bröder,

ich war dieses Jahr auch zum ersten Mal in Christiania und meine Eindrücke stehen komplett diametral zu Ihren Erlebnissen. Vielleicht hätten Sie eine Führung besuchen sollen, die täglich angeboten wird, dann würden Sie etwas qualifiziertere Artikel schreiben.

Fotografierverbot gilt nur in der Einkaufsstrasse und zwar nur, weil die Polizei so oft reinmarschiert und Haschisch-Händler anhand der Photos identifizieren und festnehmen möchte. Sie haben sicherlich neben der Einkaufmeile eine Bar gesehen, die als sicherster Ort der Welt propagiert wird, so oft wurden da schon Razzien durchgeführt. Ausserhalb der Einkaufsstrasse können Sie fotografieren so viel sie möchten. Die harten Drogen sind übrigens in Christiania genauso verboten, wie in ganz Dänemark, weil die Bewohner entschieden haben, dass harte Drogen ihre Gemeinschaft zerstören würden, also wurden die Dealer verjagt und die Süchtigen auf Entzug geschickt. Sobald sie wieder clean waren, durften sie nach Christiania wiederkommen. Was Haschisch angeht, nun die Hippies von damals haben beschlossen, dass das Haschisch-Rauchen zu ihrer Kultur gehört und deswegen die Händler (oder Dealer, wie sie möchten) gewähren lassen. Falls Sie das stört, ich habe eine Neuigkeit für Sie, in ganz Niederlanden ist Haschisch-Konsum legal, vielleicht ist es ein Grund für Sie nicht mehr hinzufahren?

Was die unklare Anzahl der Bewohner von Christiania angeht, das ist nicht wahr. Seit das Gelände unter Verwaltung des Finanzministeriums steht, wurde jeglicher Zuzug von neuen Bewohnern untersagt (Ausnahme Familienmitglieder, deswegen sind die jungen, unverheirateten in Christiania lebenden Frauen, Nachkommen der alten Hippies, sehr begehrt). Es ist auch untersagt, neue Gebäude zu errichten und grosse bauliche Veränderungen an den existierenden Gebäuden durchzuführen.

Die Aussage, dass Kopenhagener das Gebiet eher meiden würden, stimmt genausowenig. Prinz Frederic mit seiner Frau waren schon auf einem Red Hot Chilly Peppers Konzert in der Konzerthalle von Christiania, die überwältigende Mehrheit der Kopenhagenern steht Christiania positiv gegenüber. Zu Kriminalitätsbrennpunkten zählt Christiania eher nicht, schon eher Viertel mit rivalisierenden Jugendgangs, die Drogenhandel in anderen Teilen der Stadt verkaufen möchten und um die Herrschaft über jeweilige Stadtbezirke aneinander geraten.

Auch von einem rechtslosen Raum würde ich nicht sprechen: bei ganz schlimmen Fällen (Raub, Mord), werden die Rechtsbrecher nach dem Beschluss der Vollversammlung an die dänische Polizei übergeben, bei weniger schlimmen Verbrechen kann eine Strafe aufgedrückt werden, die Höchststrafe ist lebenslange Verbannung aus Christiania. Das wird tatsächlich basisdemokratisch entschieden. Wenn Sie das stört, habe ich noch eine unbequeme Neuigkeit für Sie, in der Schweiz wird auch vieles basisdemokratisch entschieden, vielleicht möchten Sie Schweiz ab sofort auch meiden?

Wenn Sie das Aussehen der alteingesessenen Christiania-Bewohner stört, das Leben, dass sie führen ist viel unbequemer, als das Leben anderer komfort-gewöhnten Europäer. Ausserdem muss ihr sozialer Hintergrund vor Augen geführt werden, aus welchen Milieu sie ursprünglich stammten. Mein Rundführer lebt seit Jahrzehnten schon in einem ehmaligen Bunker, in dem Schiesspulver aufbewahrt wurde, ursprünglich ohne Fenster, ohne Fliessendwasser, ohne Toilette, ohne Heizung. Das hat er selbst alles organisieren und bauen müssen.

Es tut mir leid, dass ihre schöne, funkelnde Nikon zertrümmert wurde und sie erborst darüber sind, dass die dänische Polizei ihnen nicht helfen kann, aber ein Grund Artikel zu schreiben, der sich hauptsächlich auf Wikipedia-Recherche basiert, ist es noch lange nicht. Ihre andere Artikel sind doch auch nicht so unreflektiert, oder täusche ich mich da?

Meine Erfahrung mit Christiana war sehr positiv. Es ist ein einzigartiger Flecken in Europa, ein soziales Experiment, das schon seit Jahrzehnten läuft und falls das dänische Finanzministerium nicht Recht bekommt, eine solide Grundlage hat, weiterzuexistieren. Es ist ein Stück gelebter Anarchie, mit Leuten, die eine andere Lebensart haben und sie trotz unbequemen Lebens nicht mehr missen möchten. Sie haben ganz andere Lebenserfahrung, sind offen für andere Religionen (vielleicht hatten sie die Gelegenheit verschiedene Tempel zu besichtigen und zu fotografieren) und sind auch bereit diese Lebensweise anderen zu zeigen, um zu beweisen, dass anarchistische, antiautoritäre Strukturen zumindest im Kleinen durchaus funktionieren können.

Mit nicht sehr freundlichen Gruessen,

Sonntag, 16. August 2009

Ein paar Worte über soziale Netzwerke

Ein paar Worte zu virtuellen Reisen in die Welt der sozialen Netzwerke. Ich habe mich in vielen Jahren schon bei einigen von diesen Diensten angemeldet, für manche bin ich sogar zahlender Kunde und nutze sie mehr oder weniger fleissig, deswegen mache ich eine kleine Übersicht, für was man welche Netzwerke benutzen kann und wie brauchbar sie eigentlich sind.

1. XING ist das erste soziale Netzwerk in Deutschland mit einem hohen Bekanntschaftsgrad. Ist ein Dienst für die Schlippsträger, um Kontakte zu sammeln, und voller Hoffnung zu sein irgendwann von einem Headhunter angeschrieben zu werden, dem das Profil aus irgendwelchen Gründen zusagt. Die wirklichen Freidenker erkennt man daran, dass sie keinen Schlips auf dem Photo haben und irgendeinen Blödsinn bei "ich suche" und "ich biete" schreiben. XING ist ganz praktisch entfernte Bekannte, die über ganz Deutschland verstreut sind in Überblck zu behalten, zumindest hat man das Gefühl Bescheid zu wissen, wie man eine Person kontaktieren kann, was man doch nicht tut, auch wenn man vom Geburtstag dieser Person informiert wird oder Weihnnachten vor der Tür steht. Mehr Kommunikation über XING als die Bestätigung des Kontaktes kommt selten zustande, allerdings ist es interessant zu beobachten, wer denn alles meine Seite besucht hat. Und die Job-Market Seite ist ganz gut, die Angebote passen zu der Profilbeschreibung. Bin zahlender Mitglied.

2. LinkedIn ist die Entsprechung von XING in Rest der Welt. Interessant ausschliesslich für Business-Kontakte "Hey it's nothing but just business". Ganz praktisch sind viele Gruppen, in die man sich eintragen kann und eine übersichtliche Anzahl der Beiträge, die man per Mail bekommt, manchmal sind interessante Infos drin. Für unsere arme Entlassene schreibt der Chef Empfehlungen ins Profil, vielleicht nutzt es ja was.

3. StayFriends ist die Seite für die ehmaligen Klassenkameraden. Ist mäßig erfolgreich, macht aber so kräftig Werbung auf Spiegel Online und anderen bekannten Webseiten, dass der Bekanntheitsgrad recht hoch ist. Ausserdem wird man recht weit oben bei Google angezeigt, wenn man sein Profil freigibt. Schwer nervend ist die Email-Werbung, dass man automatisch generierte Nachrichten in seinem Postfach hat, die man erst aufmachen kann, wenn man das die Webseite besucht und mir komplett unbekannte Personen, die ständig mir vorgeschlagen werden, ob ich sie kennen könnte. Wenn ich sie vor 3 Jahren nicht angeklickt habe, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich sie immer noch nicht kenne doch recht hoch. Musste zahlender Mitglied werden, um Nachrichten an andere Mitglieder zu schreiben, als ich ein Klassentreffen organisiert habe und bin zu faul, die Kündigung für die nächsten drei Jahre zu schreiben, denn erst dann brauche ich es wieder, Jahrestreffen findet alle fünf Jahre statt. Ganz witzig ist noch die Möglichkeit alte Klassenfotos einzuschicken und Namen den Gesichtern auf dem Photo zuzuordnen.

4. Odnoklassniki ist das bekannteste russisch-sprachige Netzwerk. Übrigens las ich mal über eine Studie, dass die Russen die weltweit fleissigsten Nutzer von sozialen Netzwerken sind, da sie sehr weit verstreut leben und auf diese Weise Kontakte zueinander halten können. Was odnoklassniki angeht, trifft es vollkommen zu. Ich habe Leute gefunden, von denen ich seit 20 Jahren nichts mehr gehört habe, zuletzt eine Klassenkameradin, von der ich zwar wusste, dass sie in Stuttgart-Ulm Gegend lebt, aber sonst keine Möglichkeit hatte sie zu kontaktieren. Viele Russen in Deutschland sind ebenso Mitglieder, es gibt mehrere München-Gruppen, die Kalinka-Besitzerin Nastja hat ihr schönstes Lächeln auf dem Photo parat und eigentlich ist dieser Dienst entweder eine riesige Datenbank des russischen Geheimdienstes oder eine Partnerbörse, vielleicht aber auch beides. Auf jeden Fall gibt es inzwischen bei mir Personen, deren Profile ich lieber nicht besuche, damit da keine Missverständnisse aufkommen, was dieser Besuch bedeuten könnte. Sehr viel Kindergarten dabei, habe schon von Odnoklassniki-Parties gehört, wo ein Weiberrudel stundenlang nichts anderes tut, als Seiten von Bekannten/Konkurrentinen besucht und über die Fotos ablästert, auch werden für die wenigen gutaussehenden Russenmänner gemeinsam erdachte Anmachenachrichten getextet. Die Konkurrenzseiten heissen sobutylniki.ru (Gemeinschaft der Schnapscousens) und odnokamerniki.ru (Gemeinschaft der ehmaligen Gefängniskammerinsassen). So was verbindet.

5. verwandt.de ein Netzwerk für die bucklige Verwandschaft. Sehr schöne Möglichkeit ein Stammbaum zu erstellen, aber kaum Möglichkeiten die noch lebenden Mitglieder des Stammbaumes zu kontaktieren, man sollte schon ihre E-Mail Adressen kennen und sie erkennbare Lust zeigen, sich zu engagieren, was bei meiner Verwandschaft nicht der Fall ist. Aber zumindest ist es gut, um das Wissen der Omi abzuschöpfen und in ein System zu bringen, um zu verstehen von welcher Rosa oder Jakob sie gerade spricht und um wieviele Ecken man mit der Person verwandt ist.

6. Blogger.com ist kein soziales Netz im eigentlichen Sinne, eher ein Blogger-Netzwerk. Betreibe dort zwei Blogs und habe wohl einen festen Leserstamm (Hallo Stefan). Habe keine Ahnung, wieviele Leute sich mein Geschreibsel durchlesen (interessiert mich auch nicht besonders), bei den angemeldeten Kommentatoren kann man zumindest aufs Profil klicken, um ein bisschen was über sie zu erfahren. Die Artikel von einzelnen Bloggern stehen im Mittelpunkt, die Blogger schreiben für die Allgemeinheit, normalerweise unter Pseudonymen, so dass die Artikel lesbar sind, auch wenn man den Autor nicht persönlich kennt.

7. livejournal.com oder жж für Живой Журнал, wie der Dienst in Russland genannt wird, ist ein sehr verbreiteter Dienst in russisch-sprachigen Blogosphere. Quasi alle Leute, die als kreativ gelten möchten, haben ein Journal. Es werden seriöse Artikel von Journalisten, Historikern, Politikern, Ökonomen geschrieben, kurze Bemerkungen über das Leben, es wird über den Moment geschrieben, die Gefühle, die einen übermanen, selbstgemachte Photosessions (auch von Profi-Photografen), Kleinanzeigen, Fragen, es ist ein riesiges schwarzes Brett. Geschrieben wird für die Allgemeinheit, allerdings kann man Freunde eintragen und auf einer Extra-Seite sind alle Beiträge versammelt, die die Freunde in der letzten Zeit gepostet haben. Es gibt aber auch die Möglichkeit, private Einträge zu machen, die nur von den Freunden gelesen werden können oder sogar nur für sich. Weniger schön ist es, wenn das Account von einem beleidigten Ex-Lover gehackt wird und alle privaten Nachrichten plötzlich öffentlich werden, wie einer Freundin bei mir passiert ist. Da hilft nur ganz schnell ganz viele Emais an Abuse-Team zu schicken, damit der Journal schnellstmöglichst gelöscht wird. Sehr beliebt sind auch Communities, in die Mitglieder posten dürfen, die gesamten Beiträge auch auf der Freundeseite angezeigt werden, wenn man sich als Leser der Community angemeldet hat. DIe meisten meiner Informationen über Estland und Russland habe ich aus der Community Tonismagi, die sich mit allen Problemen der russisch-sprachigen Minderheit in Estland beschäftigt. Mindestens einmal pro Tag werden alle relevanten Online-Artikel von Freiwilligen aus verschiedenen Massenmedien zusammengetragen. Aber der Salz in der Suppe sind die Kommentare, es gilt als guter Ton möglichst viel und oft zu kommentieren.

8. aka-aki ist ein location-based soziales Netzwerk, das in Berlin erdacht wurde und langsam in Deutschland und erstaunlicherweise in Frankreich populär wird. Die Idee ist, dass man die Nutzer des Dienstes in seiner Nähe lokalisieren kann und wenn man feststellt, dass man gemeinsame Interessen hat, diese Person auch kennenlernt. Der Dienst ist ganz pfiffig gemacht, hat eine sehr schöne Oberfläche und läuft perfekt auf meinem Handy und iPod Touch. Ich habe mehrmals versucht zu verstehen, ob dieser Dienst nützlich ist. Ich habe die Applikation geladen, ich habe sie mehrere Male zu Hause gestartet, in den Münchener und Mannheimer Fussgängerzonen, in Cafes, auf Open-Air Festivals. Jedes Mal sehe ich andere User, die sich in der "Umgebung" befinden, Umgebung ist natürlich äusserst relativer Begriff, die irgendwelche Statusanzeigen hatten, alá "Freut sich auf die Sonne", "Bin totmüde", "Endlich Wochenende". Auf dem Fingernagel-grossem Photo sahen einige Frauen mehr oder weniger schnuckelig aus. Und jetzt? Schreibt mal eine Mail: "Hey Baby, ich sehe, dass Du in der Nähe bist und französische Filme magst. Lass uns doch in Coco Channel Story gehen und danach vernasche ich Dich wie in Chockolat"? Reichen oberflächliche gemeinsame Interessen und lokale Nähe aus, um eine Bekanntschaft zu machen? Haben die Schüchternen unter uns endlich ein Thema, um andere Menschen anzuquatschen? Fragen über Fragen, auf die ich keine Antwort habe und deswegen den Nutzen des Dienstes nicht abschätzen kann.

9. Second Life war der Hype vor zwei Jahren. Eine ganz gut gemachte 3D-Welt im Internet in der es kaum Begrenzungen gibt und alle Gegenstände, Figuren, Gelände und Gebäude von den Bewohnern erstellt werden. Nachdem die Journalisten einander im Second Life interviewt haben und Politiker in den SL-Chats Frage und Antwort feuerspeienden Drachen und halbnackten Kriegern geben mussten und dabei von Himmel fallenden Penissen ausweichten, wurde es sehr still um das Vorzeigeprojekt von Web2.0. Doch die Community ist da und äusserst aktiv. Sehr beeindruckend ist z.B. die München-Parzelle, deren Bewohner mit Photo-Kameras ausgestattet die ganze Münchener Innenstadt abfotografiert und in SL nachgebaut haben, inklusive der fahrenden S-Bahn. Man kann Mitglied von verschiedenen Communities werden und mehr oder weniger aktiv am Leben dieser Communities teilnehmen.

10. YouTube ist der populärste Videodienst, bei dem man sich anmelden muss, um seine Videos hochladen zu können. Es gibt zwei Arten von Community-Beteiligung, die absolut (nein, nicht größtenteils, sondern absolut) idiotischen Kommentare zu Videos und Videoantworten, die (sofern sie selbstgemacht sind) größtenteils sehr kreativ oder passend sind. Anstatt "sag es mit Blumen", heisst es hier "sag es mit Videoclip". Youtube ist derartiger Standard für Internetvideos, dass viele einfache Videoschnittprogramme inziwschen einen direkten Upload auf Youtube erlauben. Endlich haben Kurzfilmer eine Plattform, um ihre Werke der Öffentlichkeit abseits von Filmfestivalen vorstellen zu können. Second Life, Blogger und YouTube sind die Plattformen bei denen die Kreativität der Benutzer am ehesten zum Ausdruck kommen kann.

11. Facebookist ein welweit wohl am schnellsten wachsendes soziales Netzwerk. Ich habe mich lange dagegen gestreubt Mitglied von Facebook zu werden, mich hat die Grosskotzigkeit vom Mark Zuckerberg, dem Gründer von Facebook gestört, der von Medien als Wunderkind alá Bill Gates-Reinkarnation gefeiert wird, die Milliarden, die von Microsoft und anderen Firmen investiert werden, ohne dass es klar ist, wie sie jemals wieder auf ihre Kosten kommen, auch die Forderung, mich anzumelden, wenn mir ein Facebook-Mitglied Fotos geschickt hat und ich sie mir anschauen wollte. Irgendwann kamen so viele Einladungen, dass ich in einem schwachen Augenblick nicht mehr nein sagen konnte und mich doch angemeldet habe. Zuerst wurde mir eine Liste von Leuten präsentiert, die ich kennen könnte und ich konnte über die Treffsicherheit nur Staunen, die meisten Anzeigen waren richtig (eat this Stayfriend). Die Frage ist woher Facebook das weiss, die Leute auf der Liste hatten nichts miteinander zu tun. Dann war ich angemeldet, hatte meine Freunde in der Liste und wusste nicht, was ich jetzt weiter machen soll. Dieselbe Leute habe ich schon längst im XING oder in ICQ kontaktiert, lange Texte zu schreiben kann ich nicht, was geht sind nur kürzere Messages an Freunde oder Gruppe von Freunden, in denen ich mitteilen kan, was ich gerade mache. Aber wenn interessiert das eigentlich ausser ausgewiesene Voyeure? Bei Livejournal kann ich auch Musik angeben, die ich gerade höre und in welcher Stimmung ich gerade bin, aber das ist eine Ergänzung für die eigentliche Nachticht, aber keine Nachricht an sich. Dementsprechend trivial sind die Statusanzeigen der Freunde, also aka-aki auf einem grossen Bildschirm. Zusammen wird es eine perfekte Symbiose. Mit einem Wort, einer hier ist blöd, entweder ich, oder Facebook, aber ich sehe den Sinn dieses Dienstes nicht. Ach ja, der Layout ist hässlich.

Genausowenig übrigens wie den Sinn von MySpace (ausser den Promotionmöglchkeiten von Bands) und Twitter. Studi-VZ, Lokalisten und Wer-kennt-Wen habe ich nicht ausprobiert, denn mein Mitteilungs- und Kontaktbedürfnis hat auch gewisse Grenzen und ich sehe nicht den Sinn ein- und dieselbe Personen auf x-Netzwerken zu kontakieren.

Was mir persönlich Unbehagen bereitet, ist der Versuch von Google Schnittstellen zwischen den Diensten zu etablieren und das Wissen über die Mitglieder austauschen. Bisher war die Abschottung ganz gut, die kreativen Seiten waren durch Verwendung von Pseudonymen gut getrennt von Seiten, die den Realnamen erfordern, die auch nicht miteinaner verknüpft waren. Das könnte bald vorbei sein, dann fügt sich das Puzzle zusammen und es wird das Versprechen eingelöst, das die Personensuchmaschinen wie www.yasni.de oder www.123people.de geben, aber nicht erfüllen können, nämlich zweifelsfreie Verknüpfung aller Daten aus allen zur Verfügung stehender Quellen zu einem Gesamtbild.

Was sage ich den Leuten, die kein soziales Netzwerk benutzen, weil sie ihre Daten nicht weitergeben wollen und mir vorwerfen exibitionistisch veranlagt zu sein? Die Gesellschaft fängt gerade an zu begreifen und abzuschätzen, was für Nutzen oder Gefahren die neuen Möglichkeiten mit der Preisgabe der persönlichen Daten sich bieten. Wir sind auf jeden Fall offener, als in den 80er Jahren, als es riesige Proteste gegen die Volkszählung gab. Doch erzählt man sich hinter vorgehaltenen Hand Geschichten was diese Offenheiten bedeuten kann und wie sie missbraucht wird. Klassisch ist die Geschichte von Personalabteilungen, die jeden Bewerber erstmal in Google suchen und schauen, was interessantes über ihn zu erfahren gibt. Und es soll welche gegeben haben, die den nervösen Bewerber auf seine Party- und Strandfotos angesprochen haben sollen. Oder es gab Versuch eines Skandals, als die Photos vom jetzigen Generaldirektor des britischen Geheimdienstes MI6 in Schwimmhosen auf der Facebook-Seite seiner Frau aufgetaucht sind. Doch die Reaktion seines Vorgesetzten war die einzig richtige: "Es ist kein Staatsgeheimnis, dass er eine Speedo-Badehose trägt", sagte der britische Außenminister David Miliband. "Lasst uns endlich erwachsen werden."