Sonntag, 5. September 2010

Can you say AY-uh-fyat-luh-YOE-kuutl-uh?

Wer das noch ncht kann war wohl noch nicht in Island, dort word es einem recht schnell beigebracht. Ich war mit einer Reisegruppe (23 Leute, 4 Pärchen, 2 Single-Männer, der Rest Single-Frauen, neue Pärchenbildung war dennoch nicht zu beobachten und an Männern lag es nicht, Zitat von Fantastischen 4: "Wenn's um Frauen geht werden Männer schizophren"). Wir waren dort 14 Tage mit einem Hochland-tauglichen Bus unterwegs, am besten fange ich chronologisch an.

Lange vor der Reise:
Nachdem wir schon im März gebucht haben, wurde Island auf einen Schlag berühmt, der Eyjafjallajökull brach aus und legte den Flugverkehr lahm. So wussten wir auch nicht, ob wir überhaupt hinkommen werden und die Kollegen haben schon ihre Scherzchen gerissen, doch ich hatte ein Ziel mehr, denn einen aktiven Vulkan wollte ich schon immer mal sehen. Um eins vornewegzunehmen, das einzige was ich gesehen habe, war ein Krater mit hochsteigenden Wasserrauch, warum Wasserrauch, darüber später etwas mehr.

Kurz vor der Reise:
Endlich habe ich paar Minuten gefunden mich etwas mehr mit Island zu beschäftigen. Die Insel ist ein Opfer der Kugelform der Erde, auf der Karte sieht es kleiner aus, als es tatsächlich ist, genauso wie Grönland, in Wahrheit ist das Land so gross wie Baden-Württemberg und Bayern zusammen, es wohnen dort 320000 Leute, 280000 Isländer, der Rest Ausländer darunter viele Polen und wohl auch einige Esten, die auf der Suche nach besserem Leben sich nach Island verirrt haben. 200000 leben in Reykjavik, der Rest verteilt sich auf das Land. Island liegt genau auf der Kontinentalspalte zwischen Europa und Amerika, längs durch das Land verläut ein Riss. Die Wetterverhältnisse sind wie in Irland, alle halbe Stunde kann sich das Wetter ändern, aber wenn es regnet dann ist man richtig nass, es hilft nur eine richtig gute Regenkleidung (die ich nicht hatte). Ansonsten las ich von vielen unaussprechlichen Namen, die man sofort vergass, wo es richtg schön sein sollte. Und natürlich sah ich das Video, dass einem sehr viel versprach:


Kurz, die Vorfreude war sehr gross.

Tag 1: Ankunft in Keflavik (Drachenei). Ein sehr langläufiger Flughafen, der schon vermittelt, dass es in Island viel Platz gibt. Ich sehe zum ersten Mal eine richtige Isländerin, ich meine leicht spitze Ohren bei ihr gesehen zu haben. Eine Elfe! Oder zumindest verwandt. Während ich darüber grüble, fahren wir durch eine komplett fantastische Landschaft durch, die spitzen Lavafelder.


Die Strasse ist die einzige Möglichkeit vorwärtszukommen, kein Mensch oder Tier können eine längere Strecke in diesem Gelände zurücklegen. Ich denke an den Zauberer von Oz und die magischen Felsen, die das Zauberland umgeben und keinem Durchlass gewähren.


Es ist neblig und wir halten neben einem geothermalen Kraftwerk aus dem weisser Dampf aufsteigt, der nach Drachenatem aussieht, an. Das ganze Szenario gespenstisch zu nennen wäre untertrieben, im unserem Hotelzimmer in Erdgeschoss schliessen wir vorsichtshalber die Vorhänge, damit keine lüsternen Trolle an der Fensterscheibe hängenbleiben.

Gleich neben dem Hotel ist die berühmte Blaue Lagune. Eigentlich ist das Wasser, Abwasser aus dem Kraftwerk, es schiesst unter hohen Temperatur und Druck aus kilometertiefen Stollen auf die Erdoberfläche und treibt Turbinen an. Nebenbei wird noch heisses Wasser über einen Wärmetauscher aufbereitet. Danach wird das abgekühlte, mineral- und algenhaltige Wasser in die Blaue Lagune abgeleitet, wo Touris aus allen Herrenländern 28 Euro später plantschen können. Das Wasser scheint leicht aphrotisierende Wirkung zu haben, zumindest kuschelten viele Pärchen sehr eng aneinander, Gott sei Dank war das Wasser durch die Algen trüb.


Wir treffen auf unseren Reiseleiter Hardy, einen unerschütterlichen Island- und Afrika Liebhaber (was für eine Kombination) und machen eine Vorstellungsrunde.

Tag 2: Mit einem Hochlandbus fahren wir auf der N1 Richtung Osten zu dem Vatnajökull. Ein Jökull ist ein Gletscher unter dem auch Vulkane sein können, wie zum Beispiel der Eyjafjallajökull. Bricht so ein Vulkan aus, dann muss die Lava durch den kilometerdicken Eis des Gletschers hindurch, dadurch erst wird die Vulkanasche mit dem Wasserdampf hochgeschleudert. Vatnajökull ist der größte Gletscher Europas.


N1 ist die Ringstrasse, die erst in den 70-ern Jahren ganz Island umschlossen hat, während Vulkanausbrüchen wird aber so viel Gletscherwasser geschmolzen, dass die reissende Flüsse alle Brücken und Dämme mit sich reissen und ins Ozean wegtragen.


Wir biegen ab und bekommen gleich eine Vorstellung was eine isländische Hochlandstrasse ist, eine Piste nämlich, die von kleinen Flüßen unterbrochen wird. Ohne Allradantrieb geht schon mal gar nichts und selbst kleine Jeaps können im Fluss stecken bleiben, was eher unerfreulich ist. Unser Bus mit Daimler-Chassis von einem ehemaligen Feuerwehrauto meistert alle Hindernisse, aber man wird ganz ordentlich durchgeschüttelt. Ich werde ganz nostalgisch, wenn ich an meine Bundeswehrzeit denke, wie ich mit der G-Klasse leider viel zu wenig auf ähnlichen Pisten rumkurven durfte, das oberste Gebot war dabei: "Nicht springen!".


Wenn ich über den Bus erzähle darf ich natürlich den Fahrer nicht vergessen, das Maskottchen jeder Reise. Unser Maskottchen hieß Jonas, ist von Beruf eigentlich Polizist in gottvergessenen Westfjörds, in seiner Freizeit macht er den Busfahrer und ernähert sich von Cola und Snickers, wenn seine beste Frau von allen nicht für ihn kochen kann. Als Sohn eines Pfarrers geht er brav in die Kirche, um wahrscheinlich für seinen Sohn zu beten, der mit einer Cesna regelmäßig nach Island und andere Inseln in Atlantik fliegen muss. Wenn er uns nicht auf der Piste schauckelt, putzt er den fucking Bus und schaut verdrisst den blöden Touris nach, die wieder mit dreckigen und nassen Wanderschuhen in seinen Bus stiefeln.

Wir steigen aus und sollen in ein Tal reinwandern. Nach 200 Metern schon das erste Hindernis, ein Fluss, den man durchwatten muss. Ohne nasse Füße und gesundem Vertrauen, dass man nicht ausrutscht geht es nicht, so dass die ersten gleich aufgeben und zum Bus zurückkehren. Die harten kommen in den Garten und sehen ein wunderschönes Wasserfall in Stakkholtsgja-Schlucht.

Auf dem Rückweg begegnen wir noch 3 Radfahrern, die schon erstaunlich weit gekommen sind, doch Jonas mit der Authorität eines Polizeibeamten befiehlt ihnen umzukehren, weil die Weiterfahrt wegen der Regenfälle zu gefährlich wäre. Wir haben nichts über ertrunkene Radfahrer auf unserer Fahrt gehört insofern mussten sie gehorcht haben.


Und zum Abschluss des Tages noch der Skogafoss Wasserfall, um den man herum gehen kann, weil der früher direkt ins Meer sich ergoss und die Meeresbrandung hinten eine Höhle ausgewaschen hat.


Tag 3: Im Naturkundemuseum treffen wir die unsichtbaren Bewohner Islands, die Elfen.


Die Isländer bauen Häuser für sie neben ihren und geben ihnen wohl was zu füttern, anders sind die Knochen neben den Elfenhäusern nicht zu erklären (die Alternative male ich mir lieber nicht aus).


Es gibt Elfen, die in die Kirche gehen, es gibt welche, die es auch lassen.


Auf der Wanderung begegnen wir dem ersten Troll, einem der vielen auf unserer Reise. Es ist nicht ganz klar, ob sie sich bei Nacht bewegen können oder nicht, da sind sich die isländischen Sagen nicht ganz einig.


Bei dem nächsten Wasserfall stelle ich mir die Frage, warum Island eigentlich pleite ist. Wenn die Sage vom Goldschatz am Ende des Regenbogens auch nur ansatzweise stimmt, dann müßten die Isländer das reichste Volk der Welt sein.


Nachmittags dann an den Strand von Nordatlantik. Ganz schwarzer Strand, starke Brandung, kaltes Wasser, das jeglichen Gedanken ans Baden sofort vertreibt.

Tag 4: Wanderung zum Svatifoss-Wasserfall mit sechs-eckgen Basaltsäulen.


Hilflose Erklärungsversuche von unseren Physikern, warum ein Sechseck die stabilste Form in der Natur ist. Wir wandern durch den Wald, ja es gibt wirklich Wälder in Island, essen Blau-, Krähen-, und Moltebeeren. Wir sind die bestausgerüsteteste Gruppe, sonst sind Leute mit Turnschuhen bis Highheels unterwegs. Die sind für die Gletscherwanderung eher ungeeignet.


Auf die Wanderstiefel werden Stegeisen geschnürt, jedem wird ein Eispickel in die Hand gedrückt und los geht's auf den Gletscher.


Dort lernten wir, dass ein Gletscher eigentlich ein langsamer Fluss aus kilometerdickem Eis ist, der im Jahr sich um ca. 50m fortbewegt. Für einen Isländer ist die Klimaerwärmung auch kein Thema, Gletscher sind momentan auf dem Rückzug, doch gab es in der 1000-jährigen Geschichte Islands schon mehrere Male, dass die Gletscher sich zurückzogen und stets kamen sie wieder zurück, also kein Grund zur Sorge.

Tag 5: Wieder geht es zur Küste allerdings an einer Stelle, wo der Gletscher kalbt und dauernd kleine Eisberge über den kürzesten Fluss Islands ins Ozean gelangen.



Eine einsame Robbe narrt die Photografen. Wir besteigen ein Amphibienfahrzeug, allen werden modische Helly Hansen Schwimmwesten übergestülpt und los gehts in den Gletschersee.



Alle Männer verlieben sich augenblicklich in die Isländerin Anna, die uns Gletschereis zum Lutschen austeilt und beim nächsten Mal eine Flasche Whiskey verlangt, die man mit Gletschereiswürflen kippen könnte. Eine teuere Frau.

Das Wetter übertrifft mühelos unsere schlimmsten Befürchtungen als der nächste Programmpunkt auf der Agenda steht, ein Ausflug auf die Papageientaucherinsel Ingolfshöfdi.


Mit einem Traktor fahren wir über Watt und ich fühle mich wie auf einem fremden Planeten.


Überall schwarze Wüste, ohne ein einziges Lebewesen, alle Spuren werden sofort vom Meer verwischt, es stürmt, ich warte auf den Raketenwurm aus Dune, der aus dem Sand sich auftürmt.


Dann sind wir auf der Vogelinsel, die keinen einzigen Papageientaucher mehr aufweist, nur angriffslustige Raubmöven versuchen im Stürzflug uns anzugreifen, mehrere Skelette von Papageientauchern zeigen, dass sie es ernst meinen. Die Vögel mit den roten Schnabeln sind längst in Atlantik, wo sie überwintern, da sie Salzwasser trinken können und sich vom Fisch ernähern.

Tag 6: Lange Fahrt an schönen Wasserfällen vorbei über das Hochland zu Landmannalaugar, dem Bad des starken Mannes.


Das Hochland sieht wie Marslandschaft aus, erst hier versteht man, wie komplziert eine Marslandung für die beiden Roboterfahrzeuge gewesen sein muss, in der Steinwüste sicher zu landen und vorwärts zu kommen.


In Landmannalaugar angekommen, beziehen wir Matrazenlager und gehen sofort auf die Wanderung durch die gelben, orangenen, grünen Hügel. Überall raucht es, es riecht nach faulen Eiern, auch das Wasser zum Waschen ist mit Schwefelwasserstoff versetzt, also bekommt man beim Duschen erstmal heissen Schwall faule Eier ins Gesicht und Zähneputzen erscheint recht sinnlos.


Doch die Landschaft und der heisse Fluss in den man steigen kann entschädigen für vieles. Die aus der Erde aufsteigende Schwefeldämpfe verbinden sich mit Wasser zu Schwefelsäure, die dann den Untergrund zersetzt, so dass der Boden recht matschig ist.

Tag 7: Eine weitere Wanderung mit einigen Gipfelbesteigungen. Einige Gruppenteilnehmer entdecken ihre Höhenangst, also versuchen wir sie zu stützen und singen, um sie abzulenken. Es stellt sich wiedermal heraus, dass die Leute kaum noch Lieder auswendigkennen, Refrains, aber keine Strophen, selbst populäre Schlager können die wenigsten. Deswegen habe ich einige russische Lieder vorgetragen, als besonders erfolgreich haben sich folgende erwiesen:



Nachmittags noch eine Wanderung zum See, an Obsidianfeldern vorbei. Wir finden ein blank abgenagtes Skelett eines Schwans, da hat sich wohl ein Polarfuchs eine Mahlzeit geleistet. Überall rennen Schafe herum, immer in dreier Gruppen (entweder Mutter mit zwei Kindern, oder falls sich ein Schaf verletzt bleibt das andere Schaf da und das dritte holt Hilfe). Sind aber so doof wie überall sonst auch, erstmal mit Herzinfarktanzeichen vor dem Bus rennen und erst im letzten Moment abbiegen.

Abends liest uns Hardy seltsame isländische Märchen vor, zum Beispiel von einem entlaufenden Pferd, das sich im Himmel aufgehalten hat. Der Bauer steigt auf einer Leiter in den Himmel und frägt Paulus, Petrus und Maria nach dem Pferd. Schliesslich findet er das Pferd, zerstückelt es und wirft die Fleischstücke vom Himmel in den Kochtopf der Frau runter. Moral der Geschichte? Keine Ahnung.

Tag 8: Wieder in den Bus und losgehts durch die Hochlandwüste.



Unterwegs stoppen wir, um Godafoss = Götterwasserfall uns anzuschauen.


In diesen Wasserfall wurden die Götzenbilder reingeworfen, um den Christentum in Island einzuführen.


Doch gleich daneben finden wir eine Elfenbrücke, Heidentum und Christentum liegen in Island halt sehr nah beieinander. Die heidnische Gemeinde ist wohl auch die am schnellsten wachsende Glaubensgemeinschaft Islands.

Wir kommen zum Myvatn = Mückensee an. Die Mückennetze sind zum Glück nicht nötig, denn es regnet und bis auf die Spinnen in der Dusche sind keine Insekten zu finden.

Tag 9: Fahrt zum Dettifoss, dem größten Wasserfall Europas und zu den Schwefelfeldern mit einzigartigen Farben.





Nachmittags geht es im strömenden Regen in einen Vulkankrater.


Nachdem sich eindeutig herausgestellt hat, wessen Klamotten regenfest waren behelfen sich die anderen mit Müllsäcken, deswegen sieht unsere Gruppe aus wie die Überlebenden aus dem MadMax-Filmen, die sich durch eine postapokalyptische Landschaft einfach um Wanderungswillen fortbewegt.


Nach der Wanderung am Kraterrand steigen wir in Dimmuborgir runter, die dunkle Burg, eine Märchenlandschaft aus Lavafeld mit Vegitation, mit tausenden Verstecken für Trolle. Angeblich leben dort auch die 13 Brüdertrolle, die in Sommer schlafen und erst zu Weihnachten aktiv werden (wie gesagt, Logik ist nicht die Stärke der
isländischen Märchen).


Am Ausgang erhebt sich ein Stargate, ein Loch im Felsen, das bestimmt wärend der Sonnenwendfeier Eintritt in die andere Dimension bietet.

Tag 10: Ein Ausflug zu der Kontinentalspalte zwischen euroasiatischen und amerikanschen Kontinentalplatten.


Die Kontinentalplatten bewegen sich momentan 2 cm/Jahr auseinander, noch kann man bequem mit einem Fuss auf Europa, mit dem anderen Fuss auf Amerika stehen. Die Gerüchte, dass man auf der amerikanischen Seite sofort Kaugummi zu kauen anfängt und Hey Baby zu jeder Frau sagt, haben sich teilweise bestätigt.

Nachmittags lese ich Haldor Laxness, einen der letzten Nationaldichter weltweit (ist bereits verstorben), Nobelpreisträger für Literatur. Das Buch heisst Islandsglocke, die Handlung spielt um 1700, als die Dänen Island unter sich hatten und (zumindest laut Laxness) ihren Wohlstand aus der Plünderung der Naturressourcen und der Bevölkerung Islands sicherten (das ist wichtig, um die heutigen Diskussionen zu verstehen, dazu später mehr). Die anderen versuchen sich am Reiten mit den Islandpferden (PFERDEN, nicht Ponys), kommen recht abgekämpft zurück mit Muskelschmerzen, wo sie nicht mal wussten, dass sie dort Muskel haben.

Abends schliesslich der kulinarische Höhepunkt der Reise, 24 Stunden gebackenes Brot (eher gekocht in dem heissen unterirdischen Dampf), geräucherter Lachs, isländischer Branntwein und Gammelhai.


Letzterer wird in der Erde vergraben, wo er einige Wochen vor sich herfermentiert. Der Hai hat keine Ausscheidungsorgane, alles wird durch die Haut ausgeschwitzt, deswegen schmeckt das Fleisch nach Amoniak und stinkt wahrscheinlich ähnlich (wir waren auf der frischen Luft deswegen haben wir nichts davon bemerkt).


Mit eiskühlem Branntwein geht es aber gut runter.

Wieder in das Abwasser eines Geotermalkraftwerks und abends sahen wir tatsächlich Polarlichter am Himmel, photografieren leider unmöglich.

Tag 11: Whalewatching in Husavik.


Nachdem uns Hardy das Segelschiff schmackhaft gemacht hat, schmeissen wir uns in sexy Overalls und gehen frohen Mutes auf das Schiff. Vier Stunden später verlassen wir recht enttäuscht das Schiff, nicht ein einziger Wal hat sich blicken lassen. Dabei bin ich noch gut davongekommen, ein guter Drittel der Gruppe hat mit ihrem Frühstück die Fische gefüttert und einige Nasenspitzen harmonierten gut mit der Augenfarbe. Falls jemand demnächst nach Husavik kommen möchte, ich habe noch eine Freifahrt für Whalewatching übrig, als Entschädigung.

Nachmittags treffen wir in Akureyri ein, einer 16.000 Seelen Stadt mit einer Uni.


Aus lauter Rachegedanken für den verlorenen Vormittag nehme ich Walgericht von der Speisekarte. War ein Zwergwal, schmeckte und sah aus wie Rindersteak mit ein bisschen Thunfischbeigeschmack.


Abends gleicht Akureyri einer deutschen Kleinstadt, obwohl die Polizei gefühlte Minute braucht, um den Stadtzentrum zu umrunden, probieren die Jugendlichen mit ihren Prollschleudern, wieviel Lärm sie beim Anfahren erzeugen können. Da helfen selbst die roten Ampelleuchten in Herzchenform nicht immer.

Tag 12: Noch ein Open-Air Museum mit Häusern, die aus Torfziegeln gebaut wurden.


Wieder auf der Hochlandpiste, unterwegs halten wir in Hveravellir an, einem Campingplatz mit einem natürlichen Hotpot, der aus heissen und kalten Quellen gespeist wird. Nichts wie rein.

Abends kommen wir in Kerlingafjöll an. Waren bei unseren bisherigen Wanderungen Gletscher und heisse Quellen streng getrennt, sehen wir beides, Dampf aus der Erde, gelbe Berge und den blau-schwarzen Gletscher obendrauf.





Hardy reklamierte das als die schönste Wanderung der ganzen Reise und ich und die Photos geben ihm recht.

Tag 13: Der goldene Ring Islands auf dem auch die Kreuzfahrtschiff-Touris (=Kreuzfahrer) unterwegs sind.


Zuerst geht es zum Gullfoss, dem Goldenen Wasserfall, der angeblich in der Sonne golden leuchtet. Das einzige, was golden leuchtete waren die Hosen von russischen Kreuzfahrerinnen. Warum, nur warum, fallen die Amis und die Russen überall (unangenehm) auf, während die anderen Völker sich vornehm zurückhalten?

Weiter gehts zum Geysir.


Wir lernen, dass es recht viele Faktoren zusammenkommen müssen, damit es wirklich zur Wassersäule kommt, so dass Geysiere eigentlich recht selten sind und sie alle sind nach dem isländischen Geysier genannt worden. Der ist leider nach Erdverschiebungen nach dem ersten Weltkrieg von uns gegangen, deswegen gibt es einen Nachfolger, den Strokkur, der alle 5-6 Minuten eine 20 Meter hohe heisse Wassersäule in die Luft schiesst.


Und der Nachfolger ist auch schon unterwegs.


Und schliesslich kommen wir zum Thingvellir an, einem Ort, wo den Überlieferungen nach das erste demokratische Rat weltweite tagte.


Natürlich war das eher Oligarchie, Frauen hatten nichts zu sagen und die fehlende Exekutive verhinderte die Ausführung von Beschlüssen, doch immerhin können sich die heutigen Isländer auf die demokratische Tradition in ihrer Geschichte berufen, etwas, was die anderen Völker nicht unbedingt können. Liebe russische Kinder, glaubt nicht euren Kreuzfahrertanten, die auf dem Video behaupten, dass in Thingvellir sich die Trolle treffen und Fliegenpilzsuppe brauen, es gibt dort keine Fliegenpilze.

Abends steigen wir in einem Hotel am Rande von Reykjavik ab und gehen ins Schwimmbad mit künstlichen Hotpots und gut gebauten Isländern und Isländerinnen.

Tag 14: Zivilisation! Asphalt! Hot Dogs! SHOPPING!!!


Ansonsten ist Reykjavik als Stadt eine Enttäuschung, ein-zwei architektonisch wertvolle Gebäude, wie das Rathaus oder die Kirchen, ansonsten haben die Leute, die nur Reykjavik kennen, von Island gar nichts gesehen.


Doch ist die 200.000-Seelen Stadt der kulturelle und politische Zentralpunkt islands deswegen eine Einführung in die Politik:

Nach dem Finanzcrash vor zwei Jahren und dem Abzug der amerikanischen Streitkräfte herrscht ein ziemmliches Durcheinander, was die politische Richtung in Island angeht. Zwei Punkte berühren ganz speziell die isländische Seele, der EU-Beitritt und die Privatisierung und Ausbau der heavy industries in Island. Bei dem EU-Beitritt geht es neben Fischereirechten, auch um Themen wie der Beitrag der Isländer an dem Aufbau der europäischen Streitkräfte, etwas was in Deutschland nur wenige interessiert, doch durchaus wichtig in Island ist, denn bisher hat Island keine Armee und ist stolz drauf. Interessant ist dazu der O-Ton des Vertreters der EU in Island: "Während die osteuropäischen Länder alles unterschrieben haben, um an das Geld des deutschen Steuerzahlers ranzukommen, ist es mit Island schwieriger".

Bei der wirtschaftlichen Entwicklung geht es um die Frage, ob die Naturressourcen Islands privatisiert werden dürfen. Eine besondere Rolle spielt dabei das kanadische Unternehmen Magma Energies, das mit verschiedenen Tricks die Mehrheit an dem isländischen Energieunternehmen HS Orka zusammengekauft hat, so dass das Recht an der isländischen Energieerzeugung jetzt in ausländischen Händen liegt (vergleiche die dänische Besatzung). Doch was will Magma Energies mit der isländischen Energie? Zum einen ist der Zeitpunkt nicht mehr weit, an dem es sich lohnen wird, die Energie mit Unterseekabeln nach Europa oder Amerika zu exportieren, zum anderen wird der Überschuss an billigen Energie (in Reykjavik werden sogar die Bürgersteige beheizt) für Aluminimwerke benötigt, denn die Umwandlung von Bauxit in Aluminium braucht besonders viel elektrische Energie. Die US-Firma Alcoa hat schon einige Werke auf Island, doch die Pläne sind sehr weitreichend, so dass bald noch mehr Werke aufmachen könnten, um ein 300.000 Seelen Volk zum weltgrößten Aluminiumproduzenten zu machen. Nicht wenige Isländer haben entschieden was dagegen, an die Spitze der Bewegung hat sich ausgerechnet die weltbekannte Sängering Björk gestellt. Die Argumentationhilfe wird mit dem Buch "Dreamland, A Self-Help Manual for a Frightened Nation" von Andri Snær Magnason geliefert, mit 18000 verkauften Exemplaren ein Bestseller in Island.

Beide Themen werden ausführlich in der englischsprachigen kostenlosen Zeitung "Grapewine" beleuchtet, über den EU-Beitritt schreibt der Bürgermeister von Rejkayvik, dass die finnischen Trolle ihn davon überzeugt hätten, dass der Beitritt gut für Island wäre.

Doch genug der Hintergrundsberichte, es geht hoch in die Luft mit einer zweimotorigen Cesna, zwei Piloten und sechs mutigen Touris.


Drei Luftlöcher und eingeschlagene Köpfe später wird es auch mir mulmig in der Magengegend, doch wir sehen nochmal die Stationen unserer Reise aus der Luft, fliegen über den Krater von Eyjafjallajökull, in dem sich ein See gebildet hat und immer noch Dampf aufsteigt. Wir fliegen über die komplett überbevölkerten Vestmannaeyjar (=Westman Islands) und über Surtsey, eine Insel, die erst in den 50-ern Jahren entstanden ist und die Biologen für sich beanspruchen, weil sie beobachten wollen, wie das Leben auf einem neuentstanden Stück Land sich herausbildet. Angeblich wurde da schon ein Regenwurm gefunden.

Abends finden wir uns in einem recht teuerem Restaurant wieder und gehen danach durchs nächtliche Reykjavik, um das berühmte Nachtleben, das in dem Film Reykjavik 101 dargestellt wird, uns anzuschauen. Mein Verdacht ist, dass der Film etwas zu dick aufträgt, denn ein Alkoholiker in Island zu sein, ist ein Luxusproblem, ungefähr mit den Klagen eines deutschen Rolls-Roys Fahrers zu vergleichen, dass sein Gefährt zu viel Benzin schlucken würde.

Tag 15: Es geht's an den Lavafeldern vorbei zum Flughafen von Keflavik. Nach zwei Wochen ohne Zeitung und Internet wird im Flugzeug fleissig Die Zeit gelesen, doch die Welt ist zwei Wochen ohne mich ganz gut ausgekommen. Berlin Hermanplatz schlägt einem tief in die Magengrube, 3 Millionen-Monster nach dem leeren Island. Will wieder zurück.