Sonntag, 6. Januar 2013

Ljubljana ljubit tebja, Slovenia loves you

I'm not your dad,
I'm not your friend,
wonna be your lover, baby,
don't you understand?

There's no place,
where you can hide,
someday I will be your guy.
And if I have to kill, kill
baby I will, 
if I have to kill you honey,
trust to me, I will

Magnifico, Ubicu Te

Auf der Suche nach noch unbekannten Städten, in denen wir Weihnachten feiern könnten, sind wir auf Ljubljana gestossen. Nachdem Ljubljana in nähere Auswahl kam, stellte sich auch noch heraus, dass meine Firma einen Kunden dort hat, den man dort besuchen könnte. Also nichts wie hin.

Genaugenommen waren wir schon zweimal in Ljubljana, einmal auf der Fahrt nach Kroatien und einmal nach Serbien, aber wir sind einfach durchgefahren und bekamen von der Stadt kaum was mit. Trotzdem war ich ehrlich erstaunt, als ich realisierte, dass Ljubljana von München nur 5 Zugstunden entfernt liegt, also einmal über die Alpen nach Süden, näher als Berlin. Sehr günstig war die Unterkunft, im Park Hotel buchten wir Hostel-Zimmer für 56 EUR für zwei, wobei das Zimmer einen sozialistischen Charme versprühte und ansonsten ein normales Hotelzimmer war, sogar mit einem Fernseher. Für das gute Frühstück bezahlte man nochmal fünf EUR.

Ljubljana liegt am Fluss Ljubljanica, unterhalb einer Burg erstreckt sich die Altstadt. Die Gegend wurde schon im Argonauten-Epos erwähnt, der Anführer Jason hat hier einen Drachen getötet, der jetzt zum Symbol der Stadt wurde (unsere Theorie ist, dass der fürchterliche Drache ein Grotenolm war, ein augen- und ohrenloses Geschöpf aus den Karsthöhlen, etwa 30cm lang, aber wie es heisst, hat die Angst grosse Augen und bei der Legendenbildung nahm man es nie so genau).

Zu Römerzeiten war an der Stelle von Ljubljana die Siedlung Emona. Die Völkerwanderung brachte dann die Slawen in dieses Gebiet und Ljubljana wurde gegründet. Schon im Jahr 800 fiel das Gebiet unter die Herrschaft der Franken und sie nannten die Stadt Laibach. Seitdem, bis zum Jahr 1918, gehörte das jetzige slowenische Staatsgebiet zu verschiedenen deutschen und österreichischen Staaten. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Slowenien ein Bundesstaat Jugoslawiens, spaltete sich bei der erstbesten Gelegenheit ab und wurde unabhängig. Deswegen ist das deutsche Erbe viel stärker sichtbar, als das jugoslawische. Dass man sich in Balkan befindet, merkt man nur am Fastfood, wobei mit dem Balkan ist es wie mit Osteuropa, es sind immer die Nachbarn, niemals man selbst. Viele Slowenen der älteren Generation sprechen deutsch, die Jugend spricht Englisch. Slowenisch hört sich recht hart an (Vrt = Garten, Trg = Platz, Vrh = Anhöhe), die meisten Überschriften kann man mit Russisch- und Polnischkenntnissen verstehen, aber die Leute versteht man eher schlecht. Die Geschichte ist abgesehen von der Altstadt und der Burg kaum sichtbar, es gibt keine Okkupationsmuseen, Erinnerungstafeln, Denkmäler von nationalen Politikern, man geht offensichtlich entspannt damit um.

Aus Slowenien kannte ich zwei Bands, was immerhin zwei mehr sind, als in Slowakien. Zum einen natürlich die legendäre Band Laibach, ohne die es Rammstein nicht gegeben hätte. Hier ein typisches Laibach-Video:

Zum anderen liebe ich Magnifico, der gewissermassen am anderen Ende des musikalischen Spektrums steht:

Aber wie ich mich an der Plattenauswahl in Ljubljanischen Musikläden überzeugen konnte, gehören beide Bands nicht zum slowenischen Mainstream.

Wir kommen am 29.12 an und stellen fest, dass Ljubljana die europäische Partyhauptstadt ist. Schon seit dem 14. Dezember feiert die 260.000 Einwohner (60.000 davon sind Studenten) zählende Stadt jeden Tag Parties, die in anderen Städten schon eine recht gute Silvesterparty abgeben würde. Der Glühwein fliesst, riesige Burger werden gebraten, auf unterschiedlichen Bühnen quer über der Stadt verteilt, treten Bands auf, die von hunderten Leuten gehört werden. Es heisst, dass in Slowenien die europäische Wirtschaftskrise besonders streng wütet, die Stimmung davon lassen sich die Slowenen definitiv nicht verderben.

Aber zuerst geht es mit Standseilbahn hoch zur Burg.

Von dort hat man wunderschöne Aussicht auf die Stadt und die Berge dahinter:

Und so sieht die Burg nachts aus:

Die ganze Stadt ist festlich geschmückt, die Weihnachtsbeleuchtung zeigt den gesamten Spektrum aller Himmelgeschehnisse von Sternschuppenhagel, bis zu entfernten Galaxien:


Wozu man ein Fadenkreuz als Beleuchtung hat, ist mir auch nicht klar.

Wir finden ein Restaurant, wo man uns erklärt, dass das einzige, was man uns geben kann, eine Wurstplatte als Vorspeise und eine slowenische Platte als Hauptspeise ist. Alleine die Vorspeise ist ein Berg von Wurst, auf unseren schwachen Einwand über die Menge, meint der Kellner: "Das hier ist Slowenien, nicht Deutschland". Die slowenische Platte entpuppt sich als Berge von Kartoffelpüree, Buchweizen, Sauerkraut, Schweinesteak und zwei Würsten, also von mediterranen Leichtigkeit recht weit entfernt. Unsere zarte Mägen rebellieren nach unterschiedlichen Mengen, die ganze Portion schafft keiner, aber 13 EUR sind ein fairer Preis, das Einschlafen wird aber hart. Ausserdem finden wir heraus, dass in einer Gesellschaft mit beliebig vielen Frauen der einzige Mann immer die Zeche zahlen muss.

Am nächsten Tag fahren wir nach Bled. Das ist eine schöne Berggegend, mit einem See 50 km von Ljubljana entfernt, mit dem Bus fährt man dorthin 1,5 Stunden. In der Mitte des Sees ist eine kleine Insel mit einer Kirche. Die schlauen Bleder nannten die Kirchenglocke "Wunschglocke", so dass jeder Tourist für 3 EUR die Glocke bimmeln darf, so dass den ganzen Tag über dem See schwaches Glockengeklingel hörbar ist, was zur Stimmung beiträgt.

Auf dem Ufer des Sees, hoch auf einem Felsen tront die uneinnehmbare Burg:

Und eine schöne barocke Kirche gleich nebenan:

Nachdem man um den See rumgelaufen ist, stillt man seinen Hunger mit der legendären Cremeschnitte von Bled. Die 7x7cm grosse Cremeschnitte ist überraschend leicht und sehr sehr lecker. Unbedingt zu empfehlen.

Ljubljanas Einkaufsstrasse führt mitten durch die Altstadt mit vielen kleinen Weiberläden, also bewegen wir uns recht langsam durch die Stadt und sehen das Rathaus:

und interessante Kirchentür:

mit Bischöfen von Laibach.

Ausserdem gibt es ein Milchautomat, wo man entweder mit selbstgebrachtem Behälter Milch holen kann, oder gleich daneben eine Plastik- oder Glasflasche unterschiedlichen Volumens erwerben kann. Gleich daneben steht ein Automat mit Käse, Yoghurt, Apfelsaft und was man sonst für einen Bio-Frühstück braucht. Eigentlich ganz praktische Erfindung:

Die ungewöhnlichsten Souvenire des Landes sind zweifellos die bunt bemalten Brettchen mit einer schmalen Aussparung am Längsrand. Erst nach langem Nachdenken wurde klar, dass das Brett als Eingangstür auf ein Bienenstock montiert gehört. Wer sowas braucht und wieviele dieser Bretter tatsächlich ihren gedachten Zweck erfüllen, ist eine gute Frage. Aber die Motive sind sehr schön, so dass ich nach slowenischen Märchenbüchern suche, wo die Motive beschrieben werden. In Antiquariatshandlungen wird man auch fündig, die Märchen sind wirklich witzig. Unter allen jungen Müttern, die ein Kommentar zu diesem Text schreiben, wird ein slowenischen Märchenbuch verlost.

Den Abend vor der Silvesterfeier verbringen wir mit einem 6-Gänge Menü, rennen um 23:30 auf die Strasse und sehen roten, grünen und blauen Nebel. Das Feuerwerk findet auf dem Schloss statt, der wie so häufig von Nebel umhüllt ist. Ljubljaner lassen sich die Freude nicht vermiesen und tanzen auf den Strassen.

Was braucht man, um halb Europa das Tanzbein schwingen zu lassen? Ein Lautsprecher und ein DJ, der geschmackssicher die 80-er und 90-er Hits abspielt und zwar nur die etablierten Klassiker, fertig. Slowenen und ausländische Studenten wackeln die Hüften und die Knien und hüpfen bis die Einwohner um halb vier endlich entnervt aufzuhören bitten.

Am 1. Januar besuchen wir den Tivolipark:

Es geht auf verschiedene Anhöhen, von denen man auf die Stadt runterblicken kann. Abends gehen wir aufs Neujahrskonzert, wo Richard, Josef und Johannes Strauss Jr. gespielt werden. Als Ausgleich läuft im Fernsehen die slowenisch-kroatische Band Lollobrigida:

Am nächsten Tag besuche ich meinen Kunden. Die slowenische Ingenieure unterscheiden sich nicht wesentlich von ihren Kollegen anderswo, die Anzahl der männlichen Metall-Fans ist höher, die Anzahl der Frauen eher niedriger, überall hängt Dilbert und ähnliche BWL-kritsche Bildchen. Alle sprechen super-Englisch und fahren mich netterweise zum Hotel zurück.

Am 3. Januar machen wir noch einen Einkaufsschwenk durch die Stadt, schauen uns das Kongressny Trg, wo die Konzerte mit den meisten Fans stattfanden bei Tag an und fahren nach Hause: