Sonntag, 26. August 2012

Zürich Open Air 2012

Frage an einen Schweizer: 
Beschreiben Sie Ihre Beziehung zum Meer? 
Antwort: 
Wir sind eine Insel 

Die Welt mag uns! 
Nein, sie haben uns wieder mit Schweden verwechselt.

"Du, da ist ein Festival in der Schweiz", meint mein Freund Krumi nebenbei, "ich habe eine Mail bekommen, da vertickt eine Agentur Freikarten. Es kommen The Prodigy, Chemical Brothers, Skrillex, Lykke Li. Vielleicht wäre das was für Dich. Ich leite Dir die Mail weiter." Ich hole tief Luft, Chemical Brothers und Prodigy auf einem Festival, das ist wie Weihnachten und Ostern an einem Tag! Und Skrillex! Ich schicke sofort eine Mail an die Agentur und bekomme per Mail Tickets zum Selbstausdrucken zugeschickt.

Tag 1:

Trotz Werbens auf Facebook will niemand von meinen Freunden mit, die Schweizer Urlaubsbekanntschaft kommentiert mit: "Ich komme aus Bern, deswegen weiss ich nicht, was für ein Festival in Züri ist", also packe ich mein Riesenzelt und mein Rücksack und fahre mit dem Zug nach Zürich.

Am Festivalgelände angekommen stelle ich fest, dass es recht übersichtlich ist.

Für einen Festival solcher Größe, so eine LineUp zusammenzustellen kann man entweder weil Zürich als die teuerste Stadt der Welt sich so was einfach leisten kann, oder das wird das letzte Zürich Open Air Festival werden. Das Gelände ist direkt neben dem Flughafen, in Minutentakt kann man beobachten wie Jets knapp über unseren Köpfen vorbeifliegen, sieht eindrucksvoll aus.

Ein Festival in der Schweiz ist für mich Premiere, obwohl ich in meinem Leben schon auf allen möglichen Festivals war: Rock am Ring, Southside, Strange Noise, Rock am See, Bizarre. Alle waren recht ähnlich: verdreckt, anarchisch, Band-T-Shirt-tragende Leute mit Saufspielen beschäftigt, Duschen ist Luxus, Toiletten schon am ersten Tag ekelerregend. Ich komme am Festivalgelände an und erlebe einen Kulturschock.


Es gibt warme Duschen. So sieht eine Festivaltoilette am dritten Tag aus.

Die Leute sind normal gekleidet, aber die Mädels für die Züricher Verhältnisse recht offenherzig, wie ein Schweizer es anmerkt. Band-T-Shirts sind eher die Ausnahme, Saufspiele gibt es gar nicht, denn es sind nur drei Liter Flüssigkeiten pro Nase auf dem Zeltplatz erlaubt. Auf dem Festivalgelände muss man mit Jetons zahlen, die man vorher an Tauschstationen gegen Geld bekommt. Hat seine Vor- und Nachteile.

Ich stelle mein Zelt auf, unter mir wohnen wohl irgendwelche Tiere, das Zeltboden wölbt sich hin- und wieder, wenn wieder ein Tierchen auf die Oberfläche will. Ich schwelge im Luxus, so viel Platz habe ich noch nie gehabt. Ausserdem ist das Zelt dicht gegen Regen, was sich im Festivalverlauf als entscheidender Vorteil erweist.

Bevor ich zu den Konzerten gehe, muss ich Geld und nach der alten Tradition Dosenbier besorgen. Direkt gegenüber ist die UBS, also schlappe ich in meiner Festivalkleidung der alten Gewohnheit nach in den Eingang wo Wealth Management geschrieben steht. Die rausgehenden Leute weichen mir entsetzt aus, der Portier begrüßt mich mit "Grüezi", aber als ich meine Bitte vortrage, schaut er mich entgeistert an und langsam dämmert es mir, dass ich nicht in die UBS-Filiale, sondern in die UBS-Zentrale gelangt bin. Und der Chef der UBS, Herr Ermotti wird definitiv nicht meine 70 EUR wechseln. Also werde ich freundlich aber bestimmt rauskomplimentiert, mit dem Hinweis, dass in der Nähe eine UBS-Filiale gibt, die ich dann auch bald finde. Mit dem Geld gehe ich zum Kiosk und bestelle ein Sixpack. "Zwazwangig,fufachtzig" sagt die Verkäuferin. "Wieviel?" - "Zweiundzwanzig…" Die Verkäuferin merkt an meinen konvulsiven Zuckungen, dass ich eine Nahtoderfahrung durchlebe. "Na gut, dann machen wir es zwanzig Franken". Ich schlucke tief und kaufe den teuersten Sixpack meines Lebens.

Auf dem Weg sehe ich folgendes Poster, ich komme nicht umhin es nicht zu fotografieren. Es heisst "Was sich die Schweiz wünscht".

Zurück am Festival geht es endlich zu den Konzerten. Absolut zufällig treffe ich Salvatore, der für einen guten Kunden von mir arbeitet. Das tolle an meinem Job ist, dass ich bald wie Bon Scott von ACDC in jeder Stadt einen Bekannten haben werde. Salvatore kennt mich nicht direkt, aber wir haben gemeinsame Bekannte. Er erzählt mir, dass alle Schweizer Zürich und Genf hassen, weil da so viele Ausländer mit Geld sich einquartiert haben und das Leben so teuer machen. Ausserdem ist das grüne Image von der Schweiz reine Augenwischerei, es gibt keinen Äquivalent zum deutschen Gelben Sack, deswegen werden die Tetrapacks gar nicht fachgerecht entsorgt.

Bandimpressionen:

Lykke Li: Die Stimme von Lykke Li habe ich auf einem Nachtflug kennen- und liebengelernt, deswegen war ich auf den Auftritt sehr gespannt. Kommentar Salvatore: "Ach sie kommt aus Schweden, deswegen hat sie so einen IKEA-Namen, könnte auch ein Bücherregal sein". Lykke Li in schwarzen Klamotten, schwarze Stoffballen hängen von der Decke herunter, alles recht düster, ein Song erinnert sehr an Type O Negative, die meisten anderen Lieder kenne ich. Leider hat Lykke Li kaum Erfahrung wie man das Publikum auf einem Festival mitnimmt, keine Interaktion, kein "Hallo", keine Bandvorstellung. Entsprechend kühl reagiert das Publikum, keine Aufrufe für die Zugabe, schnell abgehackt.

The Killers: Offenbar Lieblings-Indie-Band der Bayern 3 Redaktion. Habe die Band nie bewusst wahrgenommen, kannte aber einige Lieder aus dem Radio. Stellten einige existenzielle Fragen wie: "Are we humans, or are we dancers?" Solide Performance, aber nicht besonders bemerkenswert, das Publikum ist trotzdem gut begeistert, ruft nach Zugabe und kriegt sie auch.

Skrillex: Jedes Mal, wenn ich bei Youtube nach The Prodigy suche, bekomme ich als Tipp Skrillex angezeigt, allerdings in so vielen Mix-Versionen, dass ich gar nicht weiss, was nun das Original ist. Allerdings die meisten Mixe klingen geil und die Tatsache, dass Korn mit Skrillex zusammengearbeitet hat, verspricht einiges. Der Bühnenaufbau sieht aus wie eine SR-71 Blackbird. Herr Skrillex lässt auf sich warten, das Schweizer Publikum zeigt Zähne und entfacht ein Pfeifkonzert. Endlich erscheint ein Counter, der 5 Min lang runterzählt und der 1,60m grosser Skrillex erscheint oben in Cockpit, die Die Musik ist wie meine Oma sagt "Die Geräusche, damit der Computer besser funktioniert", aber von diesem Planeten sind sie schon mal nicht. Die Lightshow ist fantastisch, die Menge geht ab. Nach eineinhalb Stunden wird Skrillex als one-trick-pony enttarnt, es wird immer ein bekanntes Sample gespielt, danach wahlweise Dampfturbinen oder Flammenwerfern abgefeuert und dann geht der Drecksaubass los und das Sample wird zerfleddert und weggeworfen. Funktioniert sehr gut, nur nach einer gewissen Zeit vorhersagbar. Aber die Show ist umwerfend, habe sowas noch nie gesehen.

Tag 2:

Der Tag fängt mit einem Schweizer Frühstück an. Für 10 Franken wird folgendes geboten:

Da mache ich sogar eine Ausnahme und fange den Tag nicht mit einer Dose Bier an, wie sonst üblich.

Ich beschliesse nach Zürich zu fahren und mir die Stadt anzusehen. Hat wegen dem See eine Ähnlichkeit mit Genf, selbst der Seespringbrunnen ist da, wenn auch nicht so hoch. Am Tag zuvor gab es ein Massenschwimmen quer durch den See. Es sieht nicht so weit aus, und wenn ich Badesachen dabei hätte, würde ich es auch riskieren rüberzuschwimmen, so beschränke ich mich auf spazierengehen.


In dieser Stadt weiss man immer wie spät es ist

In der Shoppingmeile sehe ich den Schweizer Kommentar zu Pussy Riot. Wer es weniger kommerziell mag, der geht auf The Voice Project und vervollständigt seine Garderobe.

Im Landesmuseum ist Postmodernismusausstellung mit der Unterstützung von meinem Lieblingsmuseum Victoria+Albert in London. Die Ausstellung ist interessant, habe mich nie bewusst mit Postmodernismus auseinandergesetzt, stelle aber fest, dass ich schon einiges von postmodernen Künstlern wie Grace Jones, Boy George oder The New Order gesehen und gehört habe. Der Rest des Museums ist eine Rumpelkammer ein buntes Potpourri an verschiedenen Möbeln, Waffen und Ausstellungen zur Geschichte der Schweiz. Aber vorbildlich ist alles in vier Sprachen beschrieben, da kann sich Genf eine Scheibe von abschneiden. Natürlich konnte man es nicht lassen ein paar hämische Kommentare Richtung Nachbarn zu machen:


Die Streikhäufigkeit von 1850 bis jetzt. Von oben nach unten Schweiz, Frankreich, Italien, Deutschland


Geldentwertung von 1874-1999


Regierungsbildung von 1850-1999

Ich esse das beste und teuerste Schoko-Eis (Kugel mit Waffel 4,50 Franken) meines Lebens und fahre zum Festival zurück.

Bandimpressionen:

Soulwax: Eine sehr coole belgische Band, alle in Smoking mit Fliegen, machen zwar elektronische Musik, aber mit viel Schlagzeug, Gitarre und Analogsynties. Klingt ein bisschen nach Air, aber mit erheblich mehr Feuer unter dem Hintern.

Maxïmo Park: Ist wohl keine Lieblingsband der Bayern 3 Indie-Redaktion. Habe kein einziges Lied gekannt, aber der Sänger war charismatisch, gab sich sichtlich Mühe, der Keyboarder machte Anstalten auf das Keyboard zu klettern. Gefiel mir ganz gut.

Um die Zeit bis zu Prodigy zu überbrücken, gehe ich zum Red Bull Tent, um mir den Münchener DJ Tom Novy anzuschauen. Mit Tom Novy verbinde ich Münchener House im positiven Sinne dieses Wortes, vielleicht kennen ein paar Leute noch "Superstar" oder "Now or Never". Tom scheint die ganze Münchener Bussy-Gesellschaft mitgebracht zu haben, er knutscht mit einer heissen Blondine rum, anstatt an der Reglern zu stehen. Die Musik hat sich verändert, er ist wohl erwachsener geworden, jetzt singt eher eine traurige männliche Stimme und die Musik ist langsamer.

Es schüttet was das Zeug hält. Ich erinnere mich an Costa Rica, entweder man vermummt sich und wird trotzdem irgendwann nass, oder man zieht sich aus, so hat man auch keine nasse Klamotten. Ich bin der einzige, der das zweite wählt und bin 3/4 Stunde vor der Bühne, wo The Prodigy auftreten wird, um mir den besten Platz zu sichern. Vorne sammelt sich ein buntes Grüppchen. Kevin und Rachel aus Schottland, Kevin ist als Flughörnchen, Rachel als Frosch verkleidet (merken, wichtig für später). Ein Glatzkopf flippt schon vorher aus, ist higher als die Sonne, versucht sich dreimal einen Joint zu bauen und scheitert im Regen. Lakonischer Kommentar von Kevin: You either do speed or slow. Ich unterhalte mich mit einem Schweizer, der schon 1991 auf dem Prodigy Konzert war und seitdem noch 18 Mal. Er versucht mich zu überzeugen, dass das beste was The Prodigy jemals gemacht hat die B-Side-Single von One Love ist, ich protestiere. Andere schauen uns wie vollendete Freaks an.

Endlich geht Konzert von Prodigy los. Wie beschreibt man das:

Nackte und bekleidete nasse Körper stossen aufeinander… Grosshirn schaltet sich ab, der Kleinhirn übernimmt… Gleichgewicht bewahren…, nicht fallen…, freien Raum einnehmen…, nicht zurückfallen…, Springen…, Schreie, kein Mitsingen oder Mitbrüllen… einfach nur Urschreie… Kontrollverlust…, Blitze in den Augen…, Maxim schreit: "MY WARRIORS!!!" Das sind wir Krieger, bereit Maxim, Keith und Liam in jede Schlacht zu folgen…

Auf dem Video ist das Flughörnchen Kevin zu sehen, also bin ich auch in der Nähe.

Als Zugabe kommt noch "Fuck them and their law", für mich so eine Art Hymne auf Pussy Riot, die nichts anderes taten, als was The Prodigy 2006 auf dem Roten Platz gebrüllt haben.

Am Ende umarmen wir uns alle, auch die nackten Männer, die ihre Männlichkeit bewiesen haben und kein Problem mehr damit haben von anderen nackten Männern umarmt zu werden.


Meine Klamotten nach The Prodigy Konzert


Vielleicht waren die Stoffwege keine so gute Idee

Ich habe einen Stand mit schweizerischer Küche entdeckt und esse Specknudeln mit Apfelmus als Beilage. Wilde Kombination, schmeckt aber nicht schlecht. Stelle fest, dass Italienerinnen selbst in größten Matsche noch elegant aussehen können.

Es stehen noch die Chemical Brothers auf dem Programm, aber als DJ-Set, das heisst sie spielen gar nicht ihre Songs. Ich schleppe mich hin, halte 15 min durch und gehe ins Zeltlager. Es gibt eine Sache auf der Welt, sie ist wirklich unbezahlbar, nach einem Prodigy-Konzert im Regen und Schlamm warme Dusche haben zu können. Danke, danke an die Organisatoren!!!

Tag 3:

Ich versuche mein Handy aufzuladen und gehe zum Eintrittsbereich. Der Mitarbeiter ist so nett, steckt das Handy irgendwo ein, daraufhin bricht die gesamte Eintrittskontrolle zusammen, weil das Handy an 400V Steckdose hängt. Es hat aber geladen.

Ich vertreibe mir die Zeit, kaufe T-Shirts, mache bei Gewinnspielen mit, die alle darauf abzielen möglichst viele Facebook-Likes und Shares zu bekommen. Trinke vier Dosen meinen 20 Franken Biers. Unterhalte mich mit den Schweizern, die die Organisation für katastrophal halten. Ausserdem sind auf dem Zeltplatz so viele Ausländer, alle sprechen nur französisch oder italienisch. Ich weiss echt nicht, auf welchen Planeten die Leute leben und beginne zu ahnen, dass die Schweizer Multikulturalität auch Augenwischerei ist, in Wahrheit können sich die drei Sprachträgergruppen gar nicht ausstehen.

Bandimpressionen:

Aus Langeweile latsche ich aufs Konzertgelände und sehe eine Band mit recht wilden Frisuren und Gesichtsbemalungen, die Indie mit Folkeinflüssen spielt. Es ist noch früh, es ist heiss, die Band ist komplett unbekannt, die Zuschauer sind öde. Ich beschliesse die Stimmung bisschen aufzuheizen und hample vor der Bühne rum. Sofort habe ich die Aufmerksamkeit der Band auf mich gelenkt, es wird sich bedankt, ich bekomme vom Schlagzeuger ein Papierflugzeug zugeworfen, es ist die Setlist. Die Sängerin wirft mir die "hell-lot-expensive 6 pound water-bottle" zu. Nach dem Konzert schaue ich nach, wie die Band heisst, es sind die "Beth Jeans Houghton & The Hooves of Destiny".

Tocotronic: Ich gebe zu, ich habe vergessen, wie grossartig Tocotronic sind. Nach dem Konzert weiss ich es wieder. Alleine die Songtitel wie "Pure Vernunft darf niemals siegen", "Aber hier leben, nein danke", "Die Kapitulation", "Sag alles ab, mach die Maschine aus", "Im Zweifel für den Zweifel"; "Die Ruine" wurde der europäischen EURO-Politik gewidmet. Die Gruppe sieht immer noch aus wie Blur, aber der Sänger Jan hat schon recht viele graue Haare. Die theoretischen Grundlagen für den Widerstand wie auch immer geartet, werden von dieser Band erarbeitet. Punk für Intellektuelle sozusagen.

Boy: Habe ich schon auf dem Southside gesehen, aber es ist immer schön schönen Frauen zuzuschauen, wie sie sich freuen und das tun Valeska und Sonja von Boy immer noch. Vor dem Konzert dreht die LBGT-Community fleissig Joints, das wird der drogengeschwängertste Konzert des Festivals. Valeska ist sexy wenn sie singt und lacht, aber da sie gebürtige Züricherin ist, erzählt sie irgendwas im breitesten Switzerdytsch. Also neben Sächsisch ist Switzerdytsch der wohl unsexieste deutsche Dialekt. Bitte Valeska, sprich Hochdeutsch mit uns.

Mogwai: Progressive Rock oder psychodelic something aus Schottland. War mir zu laut und den Vergleich mit Tool verlieren sie haushoch. Ausserdem fängt es zu regnen an, ich ziehe mich ins warme, kuschelige Zelt zurück.

Ich will Bloc Party sehen, also quäle ich mich aus dem Zelt und treffe auf Kevin und Rachel. Kevin ist immer noch im Flughörnchen-Anzug unterwegs, Rachel jedoch ohne Frosch-Anzug. Beide erzählen, dass sie gerade auf Koks sind (Schotten, wie wir sie seit Trainspotting kennen und lieben) und bieten mir eine halbe XTC an. Ich sage nicht nein, ich gebe zu das war meine erste überhaupt. Nach einigem hin- und her meint Rachel, dass ich mir das Froschanzug überstülpen könnte. Auch da sage ich nicht nein, deswegen alle weiteren Berichte sind aus der Sicht einen zugeknallten Frosches. An alle, die ähnliche Ideen haben, euer Tieranzug sollte einen Schwanz haben, die Frauen waren ganz wild auf das Schwanz des Flughörnchens, aber Kiss-The-Frog Nummer ging auch ganz gut. Unzählige Gruppenphotos später verpassen wir Bloc Party und schauen uns Orbital an. Orbital gibt es schon lange, sie sind schon auf den Pi, Spawn und The Saint Soundtracks aus den frühen 90ern vertreten. Drum'n'Bass trifft auf Techno trifft auf Rock. Die Lichtshow besteht hauptsächlich daraus Warnzeichen für Radioaktivität und Seuchen in verschiedenen Größen und Farben einzublenden. Flughörnchen und der Frosch sind zu abgelenkt durch partywütigen Frauen, um sich näher mit der Band auseinanderzusetzen.

Kraftwerk sind eine Legende, da erzähle ich nichts Neues. Das Neue ist, dass man für ihre Konzerte 3D-Brillen braucht, weil die Show 3D-Effekte hat. Frog und Squirrel setzen sich 3D-Brillen auf und sind dadurch endgültig abgespaced. Entweder die XTC beginnt zu wirken oder ich bin durch den Froschanzug high oder durch den vielen Wein besoffen, ich mache meine gelernten Taekwondo-Moves kombiniert mit Roboter Breakdance was zu "Wir sind die Roboter, ya tvoj sluga, ya tvoj rabotnik" natürlich wunderbar passt (zumindest denke ich in diesem Moment so). An Kraftwerk ist der ganze postmodernistische Scheiss unberührt vorbeigegangen, sie klingen immer noch wie die Zukunft und berühren mein deutsches Ingenieurherz. Wobei die Statements, die sie setzen, sind immer noch aktuell, der Track Radioaktivität ist nach Tschernobyl mit Fukushima ergänzt werden. Die 3D-Show ist ganz gut, damit sind sie technologisch immer noch vorne. Und es ist schon erschreckend wieviele Samples einem bekannt vorkommen, weil sie in aktuelleren Hits vorkommen, z.B. in der Saufhymne des Jahres, als da Computerliebe von Kraftwerk zur Verwendung kam.

Keine Ahnung womit wir uns die Zeit vertreiben, bis endlich um 2:30 die Bloody Beetroots kommen, die aktuellen Liebling-DJs von Rachel. Wüstes Gemisch aus Rockgitarrenriffs, Breakbeat, Techno, Elektro und was auch immer, der Frosch hüpft durch die Gegend als wäre er auf einer Mensaparty mit 20.

Nach den Bloody Beetroots bin ich an meinem Todpunkt angelangt, ich ziehe den Froschanzug aus und wanke ins Zelt.

Tag 4:

Ich stelle fest, dass einige Sachen bei mir im Zelt fehlen, die Zahnpasta, die Zahnbürste, Duschzeug, Schweizer Frühstück und 2 Dosen 20-Franken Biers. Die gähnende Leere in meiner Brieftasche ist eher durch die Sauforgie den Tag zuvor zu erklären. Verlust ist verschmerzbar, Gott sei dank habe ich trotz Jettons mein Geldbeutel immer bei mir. Ich packe das Zelt zusammen und verabschiede mich von Zürich.

Fazit: Eines der bestorganisiertesten Festivals mit Hammer LineUp und vielen großartigen Erinnerungen. Mal sehen, ob es wieder stattfinden wird, dies war die zweite Ausgabe nach 2010.

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